Kritiken

MUSCLE AND HATE – A tribut to NITZER EBB (Promo-EP/Infacted Rec.)

Ein NITZER EBB-Tribut? Da kenn ich aber schon Einige, die das kategorisch ablehnen werden. Wer kann sich NITZER EBB ohne die geniale Stimme von Douglas McCarthy schon vorstellen? Vielleicht hat sich deswegen auch ein eher weniger bekannter Sänger an dieses Unterfangen gewagt – und zwar Paul Toohill, der Frontmann von XP8, eine Band, die viele nicht mal kennen dürften. Dazu stieß an den Maschinen ein eher bekannter Protagonist, Sebastian R. Komor, geläufig von ICON OF COIL oder auch MONOFADER.
Diese Rezi kann nur ein vorläufiges Bild zeichnen, da mir bislang nur die Fünf-Track-Promo vorliegt, auf der vier unterschiedliche Songs enthalten sind; allerdings kann man davon ausgehen, daß Infacted Rec. den DJs die Perlen zukommen ließ. Und hey, selbst für den scheiß Horn ist EINE dabei: „Control I´m here“ in der normalen Version ist ungemein kraftvoll, macht dabei derbe aggressiv und läßt wohl niemanden still stehen. Seichte baßlose Sounds leiten den massiven Beatlauf ein, der dann wie eine Frontalexplosion auf den Hörer einbricht. Zudem ist in diesem Lied der Gesang von Paul zwar ruhiger als noch der von Doug, aber eine Art langsames Flüstern wirkt ungemein motivierend. Ja, ich bin selbst überrascht, ich bin dauernd genötigt, diesen scheiß Song wieder und wieder ´reinzuschmeißen. HAMMER! Wenn ich schon wie letzten Fr. den Song zweimal in den Clubplayer haue, das soll was heißen, widerspricht es doch meinem Grundsatz....das passiert mir auch nicht noch mal, wo kämen wir denn da hin ;). Nun zur Kehrseite der Medaille: Die anderen drei Songs, „Fun to be had“, „Violent playground“ sowie „Murderous“ wirken entweder musikalisch zu verspielt brav, und / oder der Gesang ist einfach zu schwach, klingt bemüht, aber langweilig. Letzteres geht dabei noch, wird aber doch auf Dauer zu öde....keiner kann halt Douglas McCarthy ersetzen, keine neue Erkenntnis. Aber zieht Euch „Control I´m here“ rein!

H-Punkte 3,5 [Skala 1- 6]

DJHorn

PS: Auf dem finalen Silberling, der am 18.11.05 in den Läden stehen soll, befindet sich überdies noch „Let your body learn“ & „Join in the chant“ in je zwei Versionen + ein RMX vom gewalttätigen Spielplatz [war es dieser damals im Ritz? Ich denke ja!]

 


RAMMSTEIN - Rosenrot (CD/Universal) – Info: www.rammstein.de

Haben die Herren von RAMMSTEIN nichts zu tun bzw. keinen Spaß daran, den auf sie niederprasselnden millionenschweren Geldregen in würdige Luxusfreizeit umzumünzen, so daß sie neben der Tour nun schon ein neues Studioalbum anbieten, oder handelt es sich um Ausschuß des erst ein Jahr zurückliegenden Werks „Reise, Reise“? Der Umstand, daß es sich beim jetzigen Cover „Rosenrot“ um die japanische Pressung der letzten CD handelt, würde diesen Gedanken unterfüttern – allerdings – musikalisch wirkt es mitnichten so. Sieht man mal von den schon bei der Vorabsingle „Benzin“, die diesen Silberling eröffnet, enthaltenen Metalgitarren ab [muß das sein? Ist die Klientel in diesem Bereich wirklich so groß?], ist „Rosenrot“ ein harmonischerer, flüssigerer Tonträger. Wobei man, wie bei jeder CD, konstatieren muß, daß RAMMSTEIN ohne die Stimme Herrn Lindemanns NICHTS wäre. Oftmals verkommen die Lieder im Kehrreim zu reinen Rock/Metaltracks, die keinerlei Reiz mehr bieten, erst mit der Strophe kehrt dieser zurück, häufig unzureichend.
Für mich fängt der Langspieler insofern erst mit „Rosenrot“ an, zwar auch gitarrig, aber getragen von typischen RAMMSTEIN-Elementen - ein wenig devot, fatalistisch.
Dies geht mit „Spring“, welches anfangs stark an „Spieluhr“ erinnert, weiter, wenn gleich dieser Song eher sarkastisch daherkommt.
„Wo bist du“ folgt, mein klarer Favorit ob der implementierten Elektronik sowie des Textes. Melancholisch trauert Till einer Liebe nach, alles scheint farblos, leer. Standard. Klar. Aber einfühlsam umgesetzt.
„Stirb nicht vor mir“ stößt ins gleiche Horn, springt zudem auf den Zug der „Ohne dich“-Maxi von LAIBACH auf, die schon eine weibliche gothnahe Stimme beinhaltet, hier am Rohr: Sharleen Spiteri. Mir klar lieber als Metal-Eskapaden.
Und nun Bühne frei für das Destruktionslied von „Rosenrot“, sich nicht versteckend hinter dem Titel „Zerstören“: Zu Anfang denkt man noch „Die RAMMSTEINER haben wohl zu viel den OFRA-HAZA-Kackmix [R.I.P.] von SISTERS OF MERCY gehört“, aber dann erreicht ein solider, aggressiver Rocksong mit Pop-Elementen das Ohr. Hehe, doch, genau richtig, wenn man mal wieder in so einer Phase ist: „Nicht fragen – zerschlagen!“, trivial, unzivilisiert – gut.
Etwas später erweitert sich das RAMMSTEIN-Repertoire um eine neue Spielart: „Te quiero puta“ – ein zwar sehr verbrauchter Titel, aber mit und mit findet man Gefallen an diesem Zusammenspiel aus südländischer Folklore und Rockgitarren, wohl am ehesten geprägt von TITO & TARANTULA. Sicher auch live genau das richtige Brüllaffenstück für den Muskelproleten Till, dem ich immer noch nicht abnehme, daß er ein Schöngeist ist.
„Feuer und Wasser“ ist eine fast romantische Ode an die schöne optischen Seite der Weiblichkeit., wie immer im typisch provokanten RAMMSTEIN-Stil. Wer die Band nun seit „Herzeleid“ begleitet, der nimmt diesen Umstand für meine Begriffe gar nicht mehr richtig wahr. Man wird auch nicht den Eindruck los, daß mittlerweile klar der Kommerz im Vordergrund steht, der einst definierende Stil eher als Mittel zum Zweck, massive Plattenverkäufe zu erreichen. Für ihre Welt schon angepaßt. Trotzdem: „Rosenrot“ ist ein sehr rundes Album, welches seine Kraft und Attraktivität erst zur Mitte hin richtig entfaltet; verbunden mit der Feststellung, daß es nicht [mehr] bei jedem Album eine Steigerung Richtung Brachialgewalt gibt. Eigentlich ist dies Musikstück erstmals ein positiver Rückschritt seit dem Zweitauswurf „Sehnsucht“. Das ist doch wunderbar.
Eine Gedanke noch zum Ende: Suspekt ist mir persönlich, daß RAMMSTEIN seit geraumer Zeit wichtige Musikpreise abstaubt, gestartet als Skandaltruppe im Nischenbereich, oft in radikale Ecken gedrückt, muß man in dieser Welt scheinbar nur beharrlich sein, um irgendwann auch so oder gerade so auf den Musikolymp zu kommen. Das Geld und die Doppelmoral siegt. Schöne neue Welt!


H-Punkte 4,5 [Skala 1- 6]

DJHorn

 


SCOOTER – Who`s got the last laugh now? (CD/Edel) – Info: www.scootertechno.com

Ein neues Album von SCOOTER. Nur ein Jahr nach „Mind the gap“ gibt es wieder 11 neue Tracks aus Bramfeld. Dieses Mal eine Abkehr von schleimig-schmierigen Housetendenzen (wie zuletzt bei „Shake that“ oder „Suavemente“ zu hören). Bereits die Vorabsingle „Hello! (Good to be back)“ bewies eindrucksvoll die Stärke dieser Band – vortreffliche Melodien und Beats, ein einprägsamer Refrain und die populistischen Shouts von Frontmann H.P. BAXXTER. Auf dem neuen Album gibt es wieder mehr Trance, mehr Happy Hardcore und high-pitched Vocals zu hören – Gott sei Dank, denn die Houseszene stagniert momentan, ist an Ideenlosigkeit kaum zu unterbieten. „Priviliged to witness“ vereint stimmungsvollen Trance im Stile von DJ TIESTO, hochgepitchten Singsang und geniale Beats. „Rock bottom“ ist, neben „Seven bridges“, sicherlich der am wenigsten innovative Track dieser Scheibe, denn hier werden jeweils bekannte Zitate verbraten und sehr plakativ umgesetzt. Zwar die idealen Singles, jedoch spiegeln sie die wahren Stärken von SCOOTER nicht unbedingt wieder. Richtig interessant wird es z.B. bei „The leading horse“, welches ein wenig an 50 CENT erinnert. Eine Nummer, die wunderbar groovt. „Take me baby“ von JIMI TENOR wurde wirklich perfekt und sehr originalgetreu umgesetzt. I-Tüpfelchen sicher die Einblendung des Synthis aus dem 80er-Jahre Klassiker „Underpass“ von JOHN FOXX. Erwähnenswert vor allen Dingen „See me, feel me“ – auch hier wieder eine wunderschöne Melodie und eine sehr geniale Stimmung im Song. Auch ideal für den Club geeignet. Ich frage mich immer, warum gerade diese Songs nicht ausgekoppelt werden, denn auf „Mind the gap“ gab es eine ähnlich mitreißende Nummer mit „The chaser“, die auch die „heimliche Single“ des Albums verkörperte. Richtig überrascht wird man auf diesem Album noch mit „Everlasting love“ – hört man hier doch fast schon Hardtrance/Hardstyle-Anleihen, sehr ungewöhnlich für SCOOTER und wieder mal ein Beweis für die Stilvielfalt dieser Band, die nach wie vor unterschätzt wird. Dies beweist auch der bereits veröffentlichte Remix für die Chaoten der BLOODHOUND GANG, auf den ich sicher noch explizit eingehen werde. Insgesamt ein tolles Album. Ich freue mich auf die im kommenden Frühjahr anstehende Tour!

H-Punkte 5,5 [Skala 1- 6]

Le-Rav

PS von Sir Horn: Eingefügt, nicht geschrieben, an einem besonderen Tag :) 24.11.2005....Gruß an meine FT! Deine DP.


FEINDFLUG – Volk und Armee (CD/Black Rain) – Info: www,feindflug.info

Nach vier Jahren erreichte mal wieder ein neues Album der umstrittenen Formation FEINDFLUG den Markt. Das auf den Namen „Volk und Armee“ hörende Werk wirkt wie die Symbiose aus allen vorherigen Alben, wobei doch klar die Elemente des 2001 erschienenen Langspielers „Hirnschlacht“ im Vordergrund residieren.
Beim Intro „Einmarsch“ ist der Name Programm. Instrumental brachial peitschen die Schläge um die Ohren. Eindrucksvoll. Mit „Standgericht“ folgt ein Hochlicht: U.a. Samples aus dem neuerlichen Film „Saw“ sorgen neben den erneut [wie soweit die ganze CD durch] stampfenden Baßschlägen für Atmosphäre. Mein Favorit, „AK47“ ,kommt sogleich als Drittes. Über 7min breiten sich die typischen FEINDFLUG-Sequenzen aus, für meinen Geschmack sind allerdings auch hier noch zu wenig Sprachsamples etc. eingebracht, die für meine Begriffe oftmals erst einen Song ausmachen, obgleich die Synthesizer-Klänge mit ihrer treibenden Kraft hier und da genau das richtige, wenn auch aggressiv machende, oder positiv betrachtet: wachrüttelnde Element sind. Nur eines sollte man tunlichst vermeiden: Das ganze politisch zu werten oder einzuordnen. Es wird sich nie ganz klären lassen, ob FEINDFLUG nun nur provozieren möchte oder sich auch persönlich in einer politischen Grau- [oder Braun-] zone bewegt. Wobei ich persönlich letzteres nicht glaube, es ist nun mal ein [angesagtes] Stilmittel im Samplebereich unserer „Szene“, sich Hitler-Samples zu bedienen, würde man politische rechte Gebiete ansprechen wollen, wäre dies viel zu plump.
Aber zurück zur vorliegenden CD: Ein Manko ist sicherlich die fehlende Abwechslung, lediglich mit „Ätherkrieg“ wandert die Band in etwas spacigere Soundsphären. Es mag dahingestellt sein, ob FEINDFLUG Industrial ist oder nicht, wobei gerade bei dieser Richtung mittlerweile alle Klarheiten beseitig sind, jeder eine andere Auffassung vertritt, dabei aber oftmals für sich in Anspruch nimmt, die Industrialweisheit mit dem Löffel gefressen zu haben. Betrachtet man beispielsweise den aktuellen Maschinenfest-Sampler, muß man feststellen, daß selbst dort diverse Spielarten vorhanden sind. In meinen Augen ist es mittlerweile soweit, daß wie seinerzeit bei dem Begriff „Independent“ eine Verwaschung einsetzt. Kein Musikbereich ist aktuell so schwammig wie o.g.. Wobei es doch einfach ist: Jeder höre das, was ihm gefällt, ohne es gleich großartig kategorisieren zu müssen. Damit ist genügend "Musikfachmännern" der Wind aus den Segeln zu nehmen. Brotlose Kunst.
Nach dieser Verzettelung noch ein kleines Fazit: „Volk und Armee“ ist genau das, was man von FEINDFLUG erwartet: Solide, beatlastig, aufwühlend. Manchmal ist es besser, den Fortschritt [der oft einen Rückschritt bedeutet] ruhen zu lassen.

H-Punkte 4,5 [Skala 1- 6]

DJHorn


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